Was ein Escape-Game mit Digitalisierung und Inklusion zu tun hat
Unter dem spannenden Titel „Escape from your classroom“ werden im Digital Fellowship von Tina Czaja an der TU Dresden zukünftige Lehrer:innen dafür sensibilisiert, inklusive und digitale Lehrszenarien zu konzipieren und umzusetzen. Ziel des Fellowships ist es, den Studierenden die Notwendigkeit inklusiver Lernszenarien zu verdeutlichen und Lösungswege aufzuzeigen, wie diesen unter anderem mit Hilfe digitaler Werkzeuge begegnet werden kann. Hierfür wird ein Seminarkonzept entwickelt, welches digitale Werkzeuge, aber auch einen physischen Inklusions-Lern- und Lehrraum integriert. Das genaue Konzept stellt Tina Czaja im Interview vor.
Frau Czaja, der Titel Ihres Fellowships und Ihres Seminars lautet „Escape from your Classroom“. Das erinnert sehr an die Escape-Rooms in die man eingeschlossen wird, um in Teams Rätsel zu lösen. Hat Ihr Fellowship etwas damit zu tun?
Frau Czaja: Tatsächlich lässt sich da eine Verbindung erkennen, ja. Ich rege Lehramtsstudierende dazu an, Räume neu und digital zu denken. Das können Exit-Rooms sein oder auch Escape-Rooms. Die Idee ist es, Lehr- und Lerninhalte erlebbar zu machen und dabei so differenziert aufzubereiten, dass alle Lernenden in ihrer Individualität davon profitieren können.
Wie genau wird Ihre Lehrveranstaltung ablaufen, welche Materialien und Werkzeuge werden ihre Studierenden nutzen?
Frau Czaja: In meiner Lehrveranstaltung, die in diesem Semester bereits zum zweiten Mal stattfindet, arbeiten Studierende im Sinne des Blended Learnings (eine Kombination aus Präsenz- und Onlinelehre) selbstständig mit Open Educational Resources asynchron zu den Themen Inklusion und Digitalisierung, bevor eine synchrone Phase folgt, in der die Studierenden selbst digital-inklusive Unterrichtsprojekte entwerfen. Die Studierenden setzen sich mit digitalen Tools wie ActivInspire, H5P, LearningApps, Metaverse usw. auseinander. Die Materialien, die die Grundlage des Seminares bilden, sind in unserem Lehr-Lern-Raum Inklusion am Zentrum für Lehrerbildung, Schul- und Berufsbildungsforschung der TU Dresden zugänglich. Vor Ort stehen uns zahlreiche physische und digitale Medien zur Verfügung, wie beispielsweise 10 iPads, eine digitale Tafel, eine VR-Brille, eine 360 Grad Kamera, Kooperationsspiele, ein sprechender Würfel, Gefühlskarten zur gestützten Kommunikation, diverse Literatur usw.
Wo sehen Sie die Potentiale der Digitalisierung für das Thema Inklusion?
Frau Czaja: Ein großes Potential ist, dass digitale Medien für eine Vielzahl von Schüler:innen einen großen Lebensweltbezug darstellen. Damit können Lernende motiviert werden, sich mit fachlichen Inhalten auseinanderzusetzen. Inklusive Lehre kann vor allem durch digitale Assistenzsysteme befördert werden, im Sinne der Barrierefreiheit. Analoge Arbeitsmittel können mit digitalen Differenzierungsmöglichkeiten verbunden werden, wie beispielsweise Arbeitsblätter mit QR-Codes, die zu digitalen Lernplattformen (z.B. LearningApps) oder Erklärvideos führen. In digitalen Lehr-Lernprozessen können mehrere Sinneskanäle gleichzeitig angesprochen werden, zum Beispiel durch die Vertonung von Texten. Die Potenziale der Kernthemen Inklusion und Digitalisierung scheinen gerade in ihrer Synergie deutlich besser zum Vorschein zu kommen.
Ich sehe aber nicht nur Potentiale, sondern auch Risiken in der Verschränkung von Digitalisierung und Inklusion. Auch das reflektieren wir im Seminar: Wie kann Digitalisierung auch Exklusion befördern? Beispielsweise wenn Schülerinnen und Schüler zu Hause keinen Zugang zu digitaler Technik haben oder die Nutzbarkeit technischer Geräte aus motorischen Gründen eingeschränkt ist.
Was können andere Lehrende an Hochschulen tun, um ihre Lehre unter nutzung digitaler Werkzeuge inklusiver zu machen?
Frau Czaja: Ganz niedrigschwellig sollten sich Lehrende zunächst einmal mit verschiedenen digitalen Tools vertraut machen, die den Studierenden die Zugänge zu Inhalten erleichtern.
Inklusion bedeutet für mich, dass ein System, in diesem Fall die Lehre, flexibel ist und so auf eine Lerngruppe adaptiert wird, dass sich alle Lernenden damit identifizieren können. Ich glaube, dass auch im Zuge der Corona-Pandemie, hybrides Lehren und Lernen eine Antwort auf die Frage nach der Inklusion im Digitalen sein kann. Durch hybride Formate und Open Educational Resources wird Lehre transparent von überall und jederzeit zugänglich – dadurch lässt sich Exklusion auf vielen Ebenen schon beheben.